
Ahnungslos öffnest du ihnen die Haustür…
Elvira Langelott stirbt nach quälender Krankheit. Die Todesursache ist unbekannt. Zur Klärung überstellen die Ärzte die Tote in die Rechtsmedizin und sie finden unnormale Blutwerte. Den mysteriösen Fall übernimmt der Bremer Kommissar Felix Lapschies mit Team. Der Ehemann gerät anfangs in Verdacht, verschwindet aber spurlos. Hat er seine Ehefrau wirklich skrupellos getötet? Wer hat die harmlose Elvira tödlich gehasst?
Während der Ermittlungen taucht das düstere Geheimnis einer kaltblütigen Mörderin aus der Vergangenheit auf. Zwei Fälle führen den Kommissar in finstere Abgründe und lassen zudem unbewältigte seelische Wunden aufbrechen. Trotz Widerstände löst Kommissar Lapschies den ominösen Fall.
E-Book, etwa 200 Seiten, 3, 49 Euro,
E-Book Amazon
Leseprobe:
Montag 6. April
Elvira lag tot im kargen Sterbezimmer des Krankenhauses Mitte in Bremen. Der Ehemann und die weinende Mutter hatten ihr bis zum letzten Atemzug beigestanden. Beide saßen nun mit hängenden Schultern am Bett und schauten auf Elvira. Das ehemals hübsche Gesicht war eingefallen und die Knochen standen hervor. Die fahlen Gesichtszüge des Gatten wirkten versteinert und abwesend. Die Mutter schniefte ständig in ihr Taschentuch. Mehr konnten sie für die verstorbene Elvira Langelott nicht tun. Georg stellte die bereitgelegten Kerzen auf und die Mutter, Aloisia Märis, exzessive Raucherin, zündete sie mit ihrem Feuerzeug an. Mutter und Ehemann falteten die Hände und murmelten irgendetwas Undefinierbares. Nein, gläubig waren alle beide nicht. Die in der Kindheit gelernten Gebete hatten sich längst aus ihrer Erinnerung verflüchtigt. Also nuschelte jeder ein paar Worte, von denen sie glaubten, es ähnelte einem Gebet. Für sie gab es nichts mehr zu tun, kein Helfen, und kein Kümmern. Es war vorbei. Elvira war tot.
Starr saßen beide auf den harten Stühlen am Sterbebett, dass mit weißen Laken steril und sauber wirkte. Beide fühlten intensiv das Ende, den Friedhof, das Grab. Elvira zählte nur fünfunddreißig Jahre. Eindeutig zu früh, um zu sterben.
Die Luft im Sterbezimmer roch verbraucht und dennoch nach Desinfektionsmitteln. Ehemann Georg und Mutter spürten trotz der Trauer eine gewisse Erleichterung, obwohl keiner von beiden es freiwillig zugegeben hätte. Die Jahre mit Elviras Krankheit hatte an ihren Nerven gezerrt. Dieses ständige Dasein, das sich Kümmern und die häufigen Krankenhausbesuche hatten Georg zermürbt. Aloisia Märis hatte es weniger ausgemacht. Doch Georg hatte immens darunter gelitten.
Georg war mit fünfundvierzig Jahren in der Blüte seines Lebens und endlich auf dem beruflichen Gipfel angekommen. Seine kleine Immobilien-Verwaltungs-Firma florierte, er verbuchte Erfolge und damit ein stattliches Bankkonto. Seine eigenen Mietshäuser warfen Profite ab. Eine kränkelnde und ständig unpässliche Frau passte nicht so recht in sein luxuriöses Leben. Er wollte endlich weniger arbeiten und die Zeit mit Elvira genießen. Er liebte seine Frau und hätte alles für sie getan. Doch ihr gemeinsames Leben hatte er sich ganz anders vorgestellt. Er hatte geplant, mit seiner attraktiven Ehefrau auf Reisen zu gehen, zum Golfen und in Konzerte. Urlaube planen oder gar in Urlaub fahren gehörten seit Jahren ins Reich der Träume.
Elvira hatte lange gekränkelt. Sie litt unter ständigen Kopf- und Gliederschmerzen und wiederkehrenden Durchfällen. Ihr hilfloser Ehemann wusste keinen Rat und fühlte sich hoffnungslos überfordert. Auch der Hausarzt schaute ahnungslos drein, wenn er mal wieder am Sonntagabend gerufen wurde. Er flüchtete sich in undefinierbare Vermutungen und schrieb liebend gern die Einweisung ins Krankenhaus. Elviras Beschwerden besserten sich nicht. Ganz im Gegenteil, die Symptome traten öfter auf und wurden stärker. Georg hatte es satt und ergriff die Initiative. Statt in die Klinik im Nachbarort brachte er Elvira im nahen Bremen ins große Krankenhaus. Es musste ja eine Diagnose und einen plausiblen Grund für Elviras Beschwerden geben. Sie konnte nicht einfach zu Hause auf dem Sofa im Wohnzimmer liegen bleiben und dahinsiechen. Das stete Dahinsiechen wünschte Georg Pielhop seiner Frau nun wirklich nicht. Mittlerweile hatte ein intensiver Geruch von Krankheit und Medikamenten sein komplettes Haus durchströmt. Es gab keinen Winkel, weder auf dem Dachboden noch im Keller, wo es nicht nach Krankheit roch. Diesem widerwärtigen Geruch konnte er nur in seinem Büro entfliehen. Im Wohnhaus waberte es überall. Sogar in den Kleiderschränken nahm er diesen Gestank wahr und seine frisch gewaschene Wäsche muffte. Er ekelte sich davor. Er musste arbeiten und seine Firma führen. Elvira empfand er inzwischen als lästig.
Um Elvira kümmern brauchte Georg sich nicht. Das übernahm seine Schwiegermutter Aloisia Märis mit Eifer. Sie pflegte ihr einziges Kind rührend und war zur Stelle. Georg hielt seine Schwiegermutter zwar für tüdelig und schlimmer noch, sie qualmte sein Arbeitszimmer mit ihren Zigaretten voll. Da er selten dort saß und seit Elviras Erkrankung noch weniger, störte ihn das weniger. Aloisia zügelte zwar in Gegenwart Elviras ihr Laster und ging deshalb zum Rauchen ausgerechnet in sein Arbeitszimmer. Er hatte es einmal gewagt, sie darauf anzusprechen und ihr vorgeschlagen, auf der Terrasse zu rauchen. Doch davon wollte sie nichts wissen. Sie würde sich glatt den Tod holen, meinte sie, und damit war das Thema für seine Schwiegermutter erledigt. Seither hatte er sein Arbeitszimmer gemieden und riss nur ab und zu die Fenster auf.